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Candice Carty-Williams: Queenie

Bevor ich euch meinen Leseeindruck zu Queenie von Candice Carty-Williams schildere, möchte ich euch unbedingt auf das Bild, das ihr im Hintergrund seht, aufmerksam machen. Es stammt von Gael Barboza (wer einen Instagram-Account hat: @gaelbarboza - schaut doch mal auf dem Account vorbei) und ich habe dieses fantastische Stück Streetart in diesem Jahr im Le Panier-Viertel in Marseille entdeckt. Gael hat mir gestattet, das Bild für meinen Blogartikel zu verwenden - ein ganz herzliches Dankeschön dafür!

 

Doch nun zur Rezension:

 

Heute erscheint Queenie von Candice Carty-Williams auf Deutsch, ein Roman, über den die Sunday Times schreibt: 

Queenie wurde die Schwarze Bridget Jones genannt. Aber dieses Buch ist noch viel besser.“

 

Liest man den Klappentext, drängt sich der Vergleich mit der lustigen, chaotischen, liebenswerten und etwas verpeilten Bridget tatsächlich auf:

 

„Queenie ist ein Naturtalent. Darin, sich Ärger einzuhandeln. Zum Beispiel in der Zeitungsredaktion, wo sie die Zeit vertrödelt, anstatt endlich über die Themen zu schreiben, die ihr wichtig sind: Black Lives Matter, Feminismus, seelische Gesundheit. Oder mit ihrem braven weißen Boyfriend, der sie nicht gegen seinen (»Er hat’s nicht so gemeint«) rassistischen Onkel verteidigt. Als die Beziehung zerbricht, sucht Queenie Trost in der digitalen Datinghölle und trifft eine falsche Entscheidung nach der anderen. Die Welt schaut ihr zufrieden dabei zu: ist denn von jungen (Schwarzen) Frauen anderes zu erwarten? Eben. Erst als man schon kaum mehr hinschauen kann, stellt sich Queenie den wichtigen Fragen: Wie kann ich die Welt zu einem besseren, gerechteren Ort machen? Und mich in ihr ein bisschen glücklicher?“

 

Ich muss sagen: Selten hat eine Inhaltsangabe – nicht zuletzt in ihrem Tonfall – den Wesenskern eines Buches so verfehlt wie diese. Ja, es gibt die eine oder andere Parallele zu Bridget: Queenie ist Single, Queenie hat (hauptsächlich doofe) Dates, Queenie erlebt manche Turbulenzen im Job, setzt sich mit ihrer Familie auseinander und hat sehr liebe Freundinnen, die ihr als Anker in der Not dienen. Und zwischenzeitlich lässt die Story einen auch ein wenig schmunzeln (insbesondere, wenn es um Queenies Familie geht). Doch nahezu alles, was bei Bridget Jones kurios, witzig oder spaßig-peinlich ist, ist bei Queenie bestürzend, selbstzerstörerisch, verheerend. Denn Queenie ist seit ihrer Kindheit traumatisiert und Queenie ist, im Gegensatz zu Bridget Jones, Schwarz. Und wer meint, dass dies doch keinen Unterschied macht, wird während der Lektüre bald eines Besseren belehrt. Das beginnt bei der wohlmeinenden Schwärmerei der weißen Großmutter ihres weißen Freundes, was für schöne Kinder sie einst haben würden:

„Deine hübsche, glatte braune Haut, Queenie, aber heller. Wie ein schöner Milchkaffee. Nicht zu dunkel“ Und Toms grüne Augen. Dein dichtes Haar, Queenie, diese dunklen Wimpern, aber Toms hübsche gerade Nase.“

… Und nein, außer Queenie ist keiner der anderen Anwesenden schockiert. Was auch immer Queenie tut, was auch immer sie sagt – alles wird unter dem Gesichtspunkt ihrer Hautfarbe (meist tendenziell negativ) konnotiert. Denn, wie Queenie erklärt:

„Ich kann nicht aufwachen und keine Schwarze Frau mehr sein […]. Ich kann nicht einen Raum betreten und keine Schwarze Frau sein […]. Im Bus, in der U-Bahn, bei der Arbeit, in der Kantine. Laut, auffällig, frech, wütend, vorlaut, streitlustig, bitchy.“

 

Queenie ist – trotz und Gott sei Dank entgegen des unsäglichen Klappentextes – einer der intensivsten und wichtigsten Romane, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Ganz große Leseempfehlung!

 

[Werbung/Rezensionsexemplar. Ich danke Netgalley und dem Aufbau Verlag/Blumenbar herzlich für die kostenlose Bereitstellung des E-Books.]

 

Ich danke ferner Gael Barboza herzlich für die Erlaubnis, das Bild für diese Rezension zu verwenden. 

 

Candice Carty-Williams: Queenie. Blumenbar 2020. 544 S.

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