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Michael Köhlmeier: Die Abenteuer des Joel Spazierer

Immer wieder wird unter den BuchbloggerInnen auf Instagram unter dem Hashtag #dickebüchercamp zum Lesen – nun ja, dicker Bücher eben aufgerufen. Diesem Aufruf zu folgen, fällt mir niemals schwer: Ich liebe dicke Bücher! 

Mein erster Roman in den Ferien, der die Mindestanforderung von 500 Seiten erfüllt, ist Die Abenteuer des Joel Spazierer des österreichischen Autors Michael Köhlmeier: 652 Seiten, die es in sich haben. Und das ist dem titelgebenden Protagonisten und Ich-Erzähler Joel Spazierer zu verdanken, der eigentlich mal ganz anders hieß, der sozio-, vielleicht sogar psychopathische, sicherlich aber narzisstische Züge aufweist und der nie den Ehrgeiz besaß, „ein guter Mensch zu werden“.

 

Dieser Joel Spazierer berichtet aus seinem Leben, das wahrlich abenteuerlich ist: In Ungarn geboren, nach Österreich geflüchtet - und das gleich zweimal -, zwischenzeitlich wegen Mordes in den Knast eingefahren und ein paar Jahre als polyamouröser Universitätsprofessor in der DDR verbracht. Mal hatte er Geld, mal war er abgebrannt, aber stets hat er sich auf sein gutes Aussehen, seinen Charme, seine Manipulationsfähigkeit verlassen. Und dabei gelogen und betrogen, getötet und gestohlen, genossen und gelernt.

 

Man mag darüber streiten, ob Die Abenteuer ... ein Schelmenroman im eigentlichen Sinn ist und Joel Spazierer ein „Schelm“ - auch wenn der „belesene Leser“ ausdrücklich in dieser Vermutung bestärkt werden soll. Joel selbst hat dazu eine klare Meinung:

 

„Ich habe mich inzwischen erkundigt, was ein Schelmenroman ist. Darin wird von einem Helden erzählt, der Schreckliches tut und Schreckliches erleidet, für ersteres nicht zur Verantwortung gezogen wird und an letzterem nicht zugrunde geht, weil eigentlich nicht sein Schicksal interessiert, sondern das seiner Zeit, womit alle Menschen gemeint sind - außer ihm. Ich möchte aber nicht für andere herhalten [...].“ (S.283)

 

In jedem Fall ist die Lebensgeschichte des Joel Spazierer buchstäblich ein Abenteuer, das seine Leser*innen in Erstaunen versetzt, sie schmunzeln, die Stirn runzeln, erschrocken die Augen aufreißen lässt und wohl kaum jemanden unbeteiligt bleiben lässt (wenn ich so frei sein darf, von mir auf andere zu schließen).

 

Eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die einen ungewöhnlichen, sperrigen, ungeheuerlichen Protagonisten und eine erstaunliche, unglaubliche, abenteuerliche Geschichte zu schätzen wissen.

 

[Werbung/unbezahlt/unbeauftragt]

 

Michael Köhlmeier: Die Abenteuer des Joel Spazierer. dtv 2014. 652 S.

 

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