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Paolo Giordano: Die Einsamkeit der Primzahlen

„Primzahlen sind nur durch 1 und durch sich selbst teilbar. Sie haben ihren festen Platz, eingeklemmt zwischen zwei anderen, in der unendlichen Reihe natürlicher Zahlen, stehen dabei jedoch ein Stück weiter draußen. Es sind misstrauische, einsame Zahlen.“

Alice und Mattia sind personifizierte Primzahlen. Beide haben ein traumatisches Kindheitserlebnis nicht überwunden, beide neigen zu selbstverletzendem, selbstzerstörerischem Verhalten. Der Roman begleitet die beiden Protagonisten über viele Jahre hinweg, von der Kindheit bis ins Erwachsenenleben. Als Teenager lernen sich die beiden kennen, doch „es waren die anderen, die zuerst bemerkten, was Alice und Mattia selbst erst viele Jahre später begreifen sollten“:  Sie erkennen sich selbst in dem anderen, passten eigentlich perfekt zueinander – wenn sie es nur zuließen: „Für Mattia waren sie beide, Alice und er, genau dies, Primzahlzwillinge, allein und verloren, sich nahe, aber doch nicht nahe genug, um sich wirklich berühren zu können.“ Und so streben beide aufeinander zu, finden sich, stoßen sich wieder voneinander ab, verlieren sich …

Der Roman ist für mich eine der schönsten Liebesgeschichten, die ich je gelesen habe. Und das obwohl (oder gerade, weil?) sie eigentlich keine ist, zumindest dann nicht, wenn man unter ‚Liebesgeschichte‘ die Geschichte einer Liebe versteht, die in ein Happy End mündet. Alices und Mattias Geschichte ist von einer melancholischen Schönheit, die Sprache klar, behutsam, ergreifend. Und am Ende des Romans hat nicht nur Mattia, sondern auch die Leserin begriffen:

„Entscheidungen wurden innerhalb weniger Sekunden getroffen, und in der übrigen Zeit schlug man sich mit den Folgen herum.“

 

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Paolo Giordano: Die Einsamkeit der Primzahlen. Heyne. München 2011. 363 S.

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