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Guillaume Musso: Ein Wort, um dich zu retten

Île Beaumont – ein weitgehend abgeschiedenes Paradies im Mittelmeer, dessen Bewohner viel Wert auf Diskretion legen. Hierher hat sich der einst gefeierte Bestsellerautor Nathan Fawles vor zwanzig Jahren zurückgezogen, nachdem er von einem Tag auf den anderen beschlossen hatte, nie wieder zu schreiben. Hierher verschlägt es den jungen Nachwuchsautor Raphaël Bataille; vorgeblich, um in der einzigen Buchhandlung der Insel zu arbeiten, tatsächlich, um seinem Idol Nathan nahe zu sein. Tatsächlich gelingt es dem jungen Mann, Kontakt zu dem Schriftsteller aufzunehmen, sich ihm anzunähern. Raphaël möchte nicht nur Nathans Meinung zu seinem eigenen, bislang unveröffentlichten Manuskript einholen, er will auch ergründen, weshalb sein Vorbild so abrupt mit dem Schreiben aufgehört hat. Eine ähnliche Mission scheint die ebenso hübsche wie rätselhafte Journalistin Mathilde zu verfolgen. Auch ihr gelingt es, Nathan zu kontaktieren. Auch sie treibt die Frage um, was vor zwanzig Jahren geschah. Doch ihr Interesse ist nicht rein beruflicher Natur… Als ein brutaler Mord geschieht und die Insel abgeriegelt wird, wird Nathan von seiner Vergangenheit eingeholt. Und das erweist sich als lebensgefährlich – nicht nur für ihn.

 

Die Handlung beginnt ruhig und bedächtig, korrespondierend zu Landschaft und Klima der Insel geradezu mild. Ein Künstler-, ein Entwicklungsroman scheint es zu sein: Allen Kapiteln ist das Zitat eines berühmten Schriftstellers bzw. einer berühmten Schriftstellerin vorangestellt, Reflexionen über das Schriftstellerdasein durchziehen den gesamten Text. Da ist der junge, noch unerfahrene Künstler, der passenderweise in einer Buchhandlung arbeitet, mit seinem Chef auf dem pittoresken Platz im Zentrum seinen spätsommerlichen Aperitif einnimmt, der seinem verehrten Vorbild nahe sein will und dem es sogar gelingt, dessen Aufmerksamkeit zu erregen. Da ist der knurrige Autor, der sich langsam aus seiner selbstgewählten Einsiedelei wagt. Und da ist die geheimnisvolle junge Frau, die ebenfalls die Nähe des Autors sucht und dabei durchaus charmant vorgeht. Doch so plötzlich, wie das warme Sommerwetter der herbstlichen Kälte des mistral noir weicht, schwindet auch die fragile Harmonie. An ihre Stelle treten Misstrauen und Gefahr, der charmante Künstlerroman mausert sich zum Krimi: Die verdrängten und verschwiegenen Ereignisse der Vergangenheit drängen an die Oberfläche und enthüllen unfassbare Ereignisse und Verwicklungen. 

 

Ein Wort, um dich zu retten (aus dem Französischen von Eliane Hagedorn und Bettina Runge) ist der neueste Roman des französischen Erfolgsautors Guillaume Musso, und er ist aus meiner Sicht sein bislang bester. Wenngleich die Figurenzeichnung etwas zu wenig differenziert ausfällt und die Handlung an manchen Stellen etwas zu sehr an Joël Dickers „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ erinnert, machen der verblüffende Tod einer Figur, die überraschende Auflösung und insbesondere der originelle Epilog, in dem sich die Realitätsebenen auf gelungene Weise vermischen, aus meiner Sicht die Blässe und Ähnlichkeiten auf jeden Fall wieder wett. Leseempfehlung!

 

[Werbung/Rezensionsexemplar. Ich danke NetGalley und dem Pendo / Piper Verlag herzlich für das mir zur Verfügung gestellte E-Book.]

 

Guillaume Musso: Ein Wort, um dich zu retten. Aus dem Französischen von Eliane Hagedorn und Bettina Runge. Pendo 2020. (E-Book)

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