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Wandelgeist: Erntedank #2

Ich habe im vergangenen Posting über die Erntedankfeiern sinniert, dabei allerdings, wie mir aufgefallen ist, in erster Linie nur einen der beiden Aspekte, die Dankbarkeit, aufgegriffen. Doch wie der Terminus schon sagt, geht es beim Erntedank nicht nur um den Dank, sondern auch um: die Ernte.

Das geflügelte Wort, dass man erntet, was man sät, ist (zumindest in meiner Wahrnehmung) mittlerweile zu einem Gemeinplatz geronnen. Ich weiß nicht, wie es dir geht oder welche Assoziationen du in erster Linie damit verbindest, aber für mich klingt dabei oft ein gewisses „Ätschibätsch!“ mit, ein „Das haste jetzt davon!“ oder „Du hast dir die Suppe eingebrockt, nun löffle sie auch aus!“, kurz: Da hat jemand etwas getan und muss nun die Konsequenzen dafür tragen. Und das ist nicht unbedingt positiv konnotiert … Aber das könnte es sein.

 

Valentin Kirschgruber bringt es in seinem Buch Von Sonnwend bis Rauhnacht wunderbar auf den Punkt:

 

„Wir säen Gedanken, Gefühle, Taten und ernten, was wir ausgebracht und gepflegt haben.“ (S. 183)

 

Ich finde das super spannend, geht es doch in die Richtung des berühmten Marc-Aurel-Zitats aus seinen Selbstbetrachtungen:

 

„Nach der Beschaffenheit der Gegenstände, die du dir am häufigsten vorstellst, wird sich auch deine Gesinnung richten;
denn von den Gedanken nimmt die Seele ihre Farbe an.“

 

Nun ließe sich einwenden, dass man doch zu jeder Jahreszeit oder anders: zu jeder Zeit des Jahres sich selbst reflektieren und seine Gedanken, Glaubenssätze und Überzeugungen kritisch hinterfragen (im Sinne von „Glaube nicht alles, was du denkst!“) könne. Das ist natürlich vollkommen richtig.

 

Und doch lädt die noch immer nachklingende Herbsttagundnachtgleiche in besonderer Weise zu solchen Betrachtungen ein, denn jetzt stehen die Gedanken und Gefühle in hohem Maß in Übereinstimmung mit dem, was in der Natur geschieht: Jetzt wird geerntet, was einst gesät wurde.

 

Vielleicht magst du dir an einem kuscheligen Abend die Zeit nehmen und in dich hineinhören:

  • Was hast du in diesem Jahr (oder in den letzten Jahren) gesät?
  • Was durftest du bereits ernten?
  • Oder welche Ernten erwartest du noch?

Ich wünsche dir eine erkenntnisreiche und friedvolle Selbstbetrachtung.

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