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Lesetandem: Schreibende Frauen schreiben über schreibende Frauen

Zwei Bücher, die ich parallel gelesen habe und die ihrerseits gewisse Parallelen aufweisen: Writers & Lovers von Lily King und Unziemliches Verhalten von Rebecca Solnit. In beiden geht es um eine junge Frau und das Schreiben, um das Schreiben als Akt der Selbstfindung, der Selbstentfaltung und ja, auch als eine Form der Befreiung: in dem einen literarisch zum Roman geformt, in dem anderen als autobiografischer Bericht.

 

Allein die unterschiedlichen Genres lassen schon erahnen, dass die Bücher nur in gewissen Grenzen miteinander verglichen werden können. Während ein Roman, auch wenn er evtl. eine Botschaft transportieren möchte, in der Regel auch unterhalten will, ist die Autobiografie dem Leben selbst entlehnt – das sich in einer Individualität nur selten in ein Schema pressen lässt. 

 

Entsprechend blieb Writers & Lovers für mich – vielleicht auch aufgrund des direkten Vergleichs – leider nur allzu oft an der Oberfläche. Stellenweise hatte ich weniger das Gefühl, ein Buch zu lesen, als vielmehr eine (durchaus solide produzierte und gut besetzte) Netflix-Serie zu schauen. Nichtsdestotrotz vermag „Writers & Lovers“ auf sehr solide Art zu unterhalten. Und das liegt nicht nur an der wirklich schönen Sprache (aus dem Englischen von Sabine Roth), sondern auch an der liebenswerten Protagonistin. Was mir überdies gefallen hat, waren die zahlreichen literarischen Anspielungen – wenngleich ich mir dazu einen kleinen Anhang mit entsprechenden Quellen sehr gewünscht hätte. 

 

Unziemliches Verhalten hingegen wirft einen unglaublich klugen, weitgefassten Blick auf den Feminismus, auf die in unserer Gesellschaft erschreckend verbreitete Misogynie, auf den Akt des Schreibens und viele weitere Themen. Auch wenn ich (vielleicht ein wenig naiv) die in der Verlagsinfo erwähnte allgegenwärtige Gewalt gegen Frauen anfänglich für arg übertrieben hielt, musste ich meine Skepsis sehr schnell revidieren. Ja, so erschreckend es ist, so wenig ich es wahrhaben wollte: Misogynie ist ein Thema, das sich durch die gesamte Gesellschaft zieht, durch die Literatur, Kunst und Kultur – und das auf so selbstverständliche Art, dass es fatalerweise kaum auffällt. Ich habe mir selten zu einem Buch so viele Notizen gemacht, habe selten ein Buch so oft aus der Hand gelegt, um über das Gelesene nachzudenken, habe mich selten so sehr an der pointierten Sprache (Aus dem amerikanischen Englisch von Kathrin Razum) Buches erfreut und – auch das will ich an dieser Stelle unbedingt betonen! – ich habe selten ein so exzellent lektoriertes Buch gelesen. Ein riesengroßes Kompliment an die Kolleg*innen!

 

Etwas ausführlichere Rezensionen findet ihr hier (Writers & Lovers) und hier (Unziemliches Verhalten).

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