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Lily King: Writers & Lovers

„Ich schreibe nicht, weil ich glaube, ich hätte etwas zu sagen. Ich schreibe, weil sich ohne das Schreiben alles noch trostloser anfühlt.“ (S. 9)

 

Casey, Anfang dreißig, Single und nahezu mittellos, durchlebt gerade eine alles andere als einfache Phase in ihrem Leben: Den Tod ihrer Mutter hat sie noch nicht verwunden, die Rückzahlung ihres Studienkredits sitzt ihr im Nacken, sie haust in der Garage eines Bekannten, jobbt als Kellnerin und versucht, endlich ihren ersten Roman fertigzustellen. Es ist, man kann es nicht anders sagen, ein ziemlich trostloses, von vielerlei Abhängigkeiten geprägtes. Leben. Und dann lernt Casey gleich zwei Männer kennen, die jeder für sich für einen bestimmten Lebensentwurf stehen. Beide sind charismatisch, beide schreiben ebenfalls, doch ansonsten könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Casey wird klar: Sie muss eine Entscheidung treffen, nein, mehrere Entscheidungen: Wie soll ihr Leben künftig aussehen? Was erhofft sie sich von ihrer Zukunft, was erwartet sie? 

 

Writers & Lovers fängt sehr stark an, keine Frage. Casey ist als Figur pointiert gezeichnet, ihre Lebensumstände werden plastisch und lebendig geschildert: die alltäglichen Kämpfe, die Frustrationen, das Trotzdem-immer-weiter-Machen, ihre prekäre Lage. Auch ihr vielfältiges Hin- und Hergerissensein – zwischen den beiden Männern und dem, wofür sie jeweils stehen, zwischen Wunschvorstellung und (vermeintlicher) Vernunft, zwischen Trauer und Hoffnung – war für mich sehr gut beschrieben und nachvollziehbar. Nach etwa einem Drittel jedoch verliert sich der Roman zu sehr im, nun ja, Romanhaften, Vorgezeichneten, Erwartbaren und, leider, auch in etwas zu viel Drama. Nicht, dass Caseys Leben an sich nicht schon niederdrückend genug wäre – (Achtung, Spoiler!)  nein, es darf auch von allem noch ein Schippchen mehr sein: Caseys Vater, zu dem sie seit langem keinen Kontakt mehr hat, taucht plötzlich wieder auf. Mit ihrer Gesundheit steht es nicht zum Besten. Ihr Bruder durchlebt sein ganz eigenes Drama (diese Episode wäre beispielsweise aus meiner Sicht verzichtbar gewesen). Und dann fliegt sie auch noch raus. Stellenweise hatte ich weniger das Gefühl, ein Buch zu lesen, als vielmehr eine (durchaus solide produzierte und gut besetzte) Netflix-Serie zu schauen.

 

Nichtsdestotrotz vermag Writers & Lovers auf sehr solide Art zu unterhalten. Und das liegt nicht nur an der wirklich schönen Sprache (aus dem Englischen von Sabine Roth), sondern auch an der liebenswerten Protagonistin. Ich denke, gerade Menschen, die selbst schreiben oder vielleicht schreiben möchten, werden sich in einigen von Caseys Gedanken und Bedenken, ihren Sorgen und Hoffnungen wiederfinden. Was mir überdies gefallen hat, waren die zahlreichen literarischen Anspielungen – wenngleich ich mir dazu einen kleinen Anhang mit entsprechenden Quellen sehr gewünscht hätte.  

 

Lily King: Writers & Lovers. Aus dem Englischen von Sabine Roth. C. H. Beck Verlag 2020. 319 S.

 

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