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Bernice Morgan: Die Farbe des Meeres

"Gerne würde sie die Namen aller Orte in der Umgebung aufschreiben, sehnt sich nach einer Landkarte vom Kap, von Neufundland, eine Karte, die zeigt, wo auf der Erde sie sich befindet. Eine Karte, die jede Bucht, und sei sie noch so klein, namentlich erwähnt. Aber von Kap gibt es keine Landkarte, und Lavinia hat auch keine Vorstellung von den Kontinenten, Ozeanen, kein Bild von Amerika, an dessen oberer Kante eine dreieckige Insel, fast so groß wie Irland, abgebrochen ist. Sie weiß nur, daß sie früher einmal in Weymouth in England und nun auf der anderen Seite der Erde lebt - stellt sich vor, sie säße am Rande eines dunklen, unbekannten Hinterlandes und hätte ein unendliches Meer vor sich." (S. 239)

 

England im 18. Jahrhundert: Von einem Tag auf den anderen wird Lavinias Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Ihr leichtfertiger Bruder hat es diesmal zu weit getrieben und nun droht ihm der Tod durch den Strang. Der einzige Ausweg ist die sofortige Flucht - nach Neufundland. Die gesamte Familie muss ihr bescheidenes, doch behagliches Leben hinter sich lassen und fängt in der Wildnis vollkommen neu an, als Siedler einer Landzunge, fernab von jeglicher Zivilisation. Es ist kalt. Rau. 'Unwirtlich' wäre ein Euphemismus. Doch Lavinias Familie und die wenigen anderen Menschen, auf die sie dort treffen, bauen sich langsam ein neues Leben auf, das dem Eis und der Kälte, Krankheiten und der ungezähmten Natur zu trotzen versucht.

 

Ich habe Die Farben des Meeres bereits im Sommer gelesen. Die südfranzösische Sonne brannte auf mich herab, doch bei der Lektüre habe ich gefröstelt, so eindringlich beschreibt Bernice Morgan die entbehrungsreichen Lebensumstände der einsamen Siedler. Fazit: Ein interessanter Roman, der in einem Land spielt, das für mich bislang ein weißer Fleck auf meiner (literarischen) Landkarte war. Empfehlenswert!

 

Bernice Morgan: Die Farben des Meeres. btb 1998.   (Achtung: Nur noch antiquarisch erhältlich!)

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