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Ottessa Moshfegh: Mein Jahr der Ruhe und Entspannung

Mit dieser Rezension habe ich mich äußerst schwergetan – und das paradoxerweise, weil ich dieses Buch so interessant fand. „Interessant“, das war, was ich unmittelbar nach Abschluss der Lektüre dachte. Nur ist „interessant“ leider ähnlich aussagekräftig wie „nett“ … ich versuche mal eine Annäherung.

New York, einige Monate vor 9/11. Die namenlose Ich-Erzählerin hat alles: Sie ist jung, schön, finanziell unabhängig, hat einen Hochschulabschluss und arbeitet in einer hippen Galerie. Vor allem aber hat sie eines: die Nase von allem gestrichen voll. Und so beschließt sie, ein Jahr lang durchzuschlafen, um dann phönixgleich wiederaufzuerstehen und, endlich einmal richtig ausgeruht, neu zu beginnen …

Ausnahmslos alle Figuren in diesem Roman sind in irgendeiner Weise beschädigt: Die ausgebrannte Protagonistin, ihre versoffene, mittlerweile verstorbene Mutter, der desinteressierte, ebenfalls verstorbene Vater, die fragwürdige Therapeutin, von der sie ihre Schlafmittel erhält, der egomane On-Off-Freund, die nach sozialer Anerkennung gierende Freundin – zerbeulte Seelen allesamt. Als Leserin blieben sie mir alle fremd, doch es bereitete mir ein gewisses wohliges, Schaudern, ein fast voyeuristisches Vergnügen, sie von außen zu beobachten. Ich kam mir während der Lektüre vor wie die unbedarfte Landpomeranze, eine altjüngferliche Cousine etwa, die unversehens Zeit mit der abgefeimten und abgef***ten Jeunesse Dorée Manhattans verbringt, deren Eskapaden sie mit offenem Mund bestaunt, ohne selbst wirklich teilzuhaben. 

Das Buch ist nicht so blutrünstig und krass wie die Romane Bret Easton Ellis‘, nicht so frivol wie Sex and the City und nicht so elegant wie Gossip Girl – und doch hat es von allem irgendwie etwas. Und diese Mischung ist schlichtweg: interessant. 

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