· 

Martina Hefter: Hey guten Morgen, wie geht es dir?

„Hey guten Morgen, wie geht es dir?“

– So oder so ähnlichen beginnen die DMs, die Juno fast täglich erhält. Die Absender heißen Jimmy_Taylor_354, Phil Gibson 1973, Dr. Antonio Allessandro und sind ausnahmslos attraktiv, erfolgreich, begehrenswert: Mal braungebrannt vor einer Yacht, mal mit Basecap und Dreitagebart. Mal ein General im Kadettenkostüm, mal ein Witwer, der in seiner Luxusküche Pancakes backt.

 

Natürlich weiß Juno, dass die Fotos genauso falsch sind wie die Accounts. Dass in Wahrheit irgendwelche jungen Männer am anderen Ende der Welt die kitschigen Nachrichten schreiben. Juno ist schließlich nicht blöd. Sie kann nur nicht schlafen … 

Da kommen ihr die gefakten Galane gerade recht, helfen sie ihr doch unwissentlich dabei, die langen Nächte zu überstehen. Juno macht sich einen Spaß daraus, die Scammer zu scammen, ihnen die absurdesten Geschichten aufzutischen, sie so lange zu belügen, bis sie entnervt aufgeben, nicht mehr zurückschreiben, Juno blockieren.

 

Sie ist nicht so einsam wie die unzähligen Frauen, die auf solche Typen hereinfallen. Juno hat einen Beruf, den sie liebt, sie ist Tänzerin und Performancekünstlerin, tritt auch mit über fünfzig nach wie vor auf. Und sie hat Jupiter, der im Zimmer nebenan liegt, in seinem Pflegebett. Ihr Jupiter, der so klug ist und so hinfällig. Der immer häufiger Hilfe braucht bei alltäglichen Handgriffen. Das Geld ist knapp, die Wohnung nicht barrierefrei – aber es geht. Irgendwie.

 

Doch dann meldet sich Owen Wilson bei ihr, der natürlich nicht DER Owen Wilson ist, sondern Benu. Der in Nigeria lebt. Der Junos Geschichten ebenso durchschaut wie sie die seinen und trotzdem nicht lockerlässt. Und es entspinnt sich eine Verbindung, die so zart und zugeneigt ist, dass man sie beinahe für Freundschaft halten könnte …

 

Hey guten Morgen … ist eines der berührendsten Bücher, die ich je gelesen habe, und schon jetzt eines meiner Lesehighlights – wenn nicht sogar das Highlight – dieses Jahres. Und mir fehlen tatsächlich die Worte, um zu beschreiben, wie sehr und auf wie vielen Ebenen der Roman mich erwischt hat: Da ist diese zarte Melancholie, die dennoch nie die Zuversicht und den Humor verliert. Die leise Poesie, die zugleich klar und leichtfüßig daherkommt. Figuren, die sich ihre Haltung allen Widrigkeiten zum Trotz bewahren. Und nicht zuletzt das kleine Glück, das manchmal als eine Schachtel Spekulatius daherkommt, weit vor dem Advent.

 

Ganz, ganz, GANZ große Leseempfehlung!

 

[Werbung/Rezensionsexemplar. Ich danke dem Klett-Cotta Verlag und NetGalley von Herzen für das kostenlos bereitgestellte E-Book.]

 

Monika Hefter: Hey guten Morgen, wie geht es dir? Klett-Cotta Verlag 2024. 224 S.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Hördemann Inge (Dienstag, 01 Oktober 2024 12:09)

    Danke liebe Yvonne es hört sich zauberhaft an ❣️Bin gespannt…