Die Vereinigten Staaten in einer nicht allzu fernen Zukunft: Eigentlich hat Elena keinen Grund zur Klage. Sie liebt ihren Beruf als Lehrerin, ihr Mann ist als Regierungsmitarbeiter überaus erfolgreich, die ältere Tochter Anne bringt Bestnoten nach Hause. Allein die jüngere Tochter Freddie tut sich etwas schwerer. Mit der Schule. Mit dem Leben. Das wäre im Grunde genommen kein Problem, wenn … ja, wenn es da nicht die „Kampagne für wertvollere Familien“ gäbe, eine Art Bildungs- und Sozialprogramm, bei dem jedem Menschen sein persönlicher „Q“-Wert zugeordnet wird, errechnet anhand der individuellen akademischen Leistung sowie dem sozialen Status. Allmonatlich werden die Leistungen in Tests überprüft: Wer besteht, bleibt auf seiner Schule, auf seinem Posten, in seinem Beruf, wer versagt, rutscht automatisch eine Kategorie tiefer. Und alle scheinen damit gut leben zu können – nun ja, zumindest alle, die einen hohen Q-Wert aufzuweisen haben.
Als Freddie eines Tages tatsächlich ihren Test nicht besteht und auf ein Internat der untersten Kategorie muss – Besuche sind während der gesamten Schulzeit verboten, selbstverständlich zum „Besten“ der Kinder –, kann Elena nicht länger die Augen vor der Grausamkeit dieses Systems verschließen. Und so setzt sie alles daran, ihre kleine Tochter zurückzubekommen – auch wenn das bedeutet, sich mit dem System selbst anzulegen.
Wie schon in ihrem Vorgängerroman Vox entwirft Christina Dalcher in Q eine Dystopie, die – wie jede überzeugende Dystopie – in mancherlei Hinsicht schaurig nah an der Wirklichkeit ist: Dass Entwicklungschancen von Kindern in nicht unerheblichem Maße von ihrem sozialen Milieu abhängen, dass, wer einmal „unten“ ist, nur schwer wieder hochkommt, ist in vielen Teilen der Welt die Realität. Christine Dalcher spinnt diese Realität weiter: Mittels des weit verbreiteten Narrativs, dass jede*r etwas erreichen kann, wenn er*sie sich nur ordentlich ins Zeug legt, Einsatzbereitschaft und Leistungswillen zeigt, legt sie schonungslos verbrämte Mechanismen offen, in denen man nur allzu sehr die Wirklichkeit widergespiegelt sieht.
Ich habe Q förmlich verschlugen, von der ersten Seite an hat mich die Story in ihren Bann gezogen. Auch wenn die Figuren bisweilen etwas stereotyp anmuten und wenngleich ich mit dem Ende etwas gefremdelt habe (es war mir persönlich in jeglicher Hinsicht etwas zu dick aufgetragen), kann ich die Lektüre nur empfehlen!
[Werbung/Rezensionsexemplar. Ich danke den Fischer Verlagen herzlich für das mir kostenlos zur Verfügung gestellte E-Book.]
Christina Dalcher: Q. In dieser Welt ist Perfektion alles. Aus dem amerikanischen Englisch von Michaela Grabinger. Fischer Verlage 2021 (E-Book)
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