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Eleonora Hummel: Die Wandelbaren

Sie heißen Arnold Bungert, Violetta Kraushaar oder Emilia Riedel – doch außer ihrem deutschen Namen und ebensolchen Vorfahren verbindet sie nichts mit Deutschland oder der deutschen Sprache, die jungen Menschen in der kasachischen Steppe. Doch das soll sich ändern, auf Wunsch der höchsten Kultur-Gremien in Moskau, denn man will ein deutschsprachiges Theater gründen. Und wer wäre für das benötigte Ensemble besser geeignet, als die Nachfahren der deutschen Siedler? Blöd nur, dass keiner der Jugendlichen wirklich Deutsch spricht … Dennoch wagen sie sich ins ferne Moskau an die renommierteste Schauspielschule des Landes, werden zu Schauspieler*innen ausgebildet, verlieben und entlieben sich, bekommen ungeplant Kinder, heiraten … Sie werden fast unmerklich erwachsen, arrangieren sich mit den Verhältnissen, auch, als es statt in die großen Metropolen nur nach Temirtau, die Metallurgenstadt, in der das Wasser eine merkwürdige Färbung hat und das deutschsprachige Publikum rar gesät ist. Und irgendwann dämmert Glasnost herauf …

 

Es ist eine wunderbare, im besten Sinne altmodisch erzählte Geschichte, die Eleonora Hummel ihren Leser*innen schenkt. Es ist ein Ausflug in eine vergangene Zeit, auf weizengelbe Felder, in verstaubte Theaterkulissen und graue Industriestädte, mit außerordentlich liebenswerten Figuren und einer Story, die so ruhig dahinfließt, dass man sich sehr gern mit ihr treiben lässt. Die Sprache ist gleichbleibend angenehm und, man kann es nicht anders sagen, ausgesprochen hübsch formuliert – und das ist, so paradox es klingt, leider auch eine Schwachstelle des Romans. Die Handlung wird aus Sicht der einzelnen Figuren jeweils in der ersten Person und über einen Zeitraum von rund vierzig Jahren erzählt – das hätte aus meiner Sicht bedeutend nuancierter ausfallen dürfen; stellenweise musste ich an den Kapitelanfang zurückblättern, um mich noch einmal zu vergewissern, wer gerade erzählt. (Alternativ hätte eine auktoriale Erzählperspektive vielleicht besser gepasst?)

 

Manch eine*n könnten auch die fehlenden bzw. allenfalls beiläufig erwähnten Bezüge zum sozialen und politischen Geschehen der jeweiligen Zeit stören. Auch ich habe mich während der Lektüre zwischendurch gefragt, ob man darauf nicht hätte stärker eingehen müssen. Doch dann gefiel mir gerade das, unterstreicht es doch diesen ganz eigenen Kosmos, die in sich geschlossene Welt des Theaters, diese Blase, in der die Protagonisten leben. 

Deshalb gibt es von mir auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

 

Ich danke Eleonora Hummel und dem Müry Salzmann Verlag ganz herzlich für das mir kostenlos zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar!

 

Eleonora Hummel: Die Wandelbaren. Mary Salzmann Verlag 2019. 464 S.

 

[Werbung/Rezensionsexemplar]


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