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Tatiana de Rosnay: Fünf Tage in Paris

Endlich (!) ausgelesen.

Anlässlich des 70. Geburtstags von Vater Paul trifft sich Familie Malegarde in Paris. Sohn Linden, ein erfolgreicher Fotograf, reist aus San Francisco an, Tochter Tilia, eine erfolglose Malerin, aus London. Was als harmonisches Familientreffen geplant ist, entpuppt sich zunehmend als Desaster: Paul erleidet einen Schlaganfall, Mutter Lauren erkrankt an einer Lungenentzündung, und alle vier haben jeweils ihre eigene seelische Bürde, die sie immer mehr niederdrückt. Linden, der Sohn, hat den Tod seiner Tante noch immer nicht überwunden, überdies traut er sich nicht, seinem Vater zu gestehen, dass er homosexuell ist. Tilia, die Tochter, ist mit einem Alkoholiker verheiratet – und zwar mit einem der unangenehmen, weil ausfallend werdenden Sorte – und leidet noch immer an den seelischen und körperlichen Folgen eines Autounfalls. Vater Paul ist ein weltweit anerkannter Baumexperte und hat zeitlebens mehr Leidenschaft für seine Bäume als für seine Familie aufgebracht. Und auch er laboriert an einem Trauma aus seiner Kindheit. Dazwischen steckt irgendwie Lauren, die amerikanische Mutter, die nach fast vierzig Jahren immer noch nicht so recht in Frankreich Fuß gefasst hat. Überdies tritt die Seine in dramatischem Ausmaß über die Ufer, Paris befindet sich im Ausnahmezustand. Und es regnet und regnet und regnet immerfort … 

Aus diesen Zutaten hätte man einen sehr guten Roman zusammenbrauen können, und genau das habe ich erwartet. Was habe ich mich auf diesen Roman gefreut – und was habe ich mich durch dieses Buch gequält! Die Atmosphäre oszilliert zwischen trübsinnig und langweilig, die Figuren blieben für mich bis zum Schluss so blass, dass ich zu keiner eine wirkliche Verbindung aufbauen konnte, und die Sprache hat mich bisweilen entsetzlich genervt – all dies machte die Lektüre für mich zu einem äußerst deprimierenden Leseerlebnis. 

Die meisten Dialoge sind in indirekter Rede wiedergegeben; dadurch werden die blutleeren Figuren noch blasser, noch weniger ‚menschlich‘ und greifbar. Zwischendurch verfällt der (überwiegend) auktoriale Erzähler passagenweise in sehr kurze Sätze. Das tut der Geschichte nicht gut. Denn es erzeugt keine Dynamik. Im Gegenteil. Es verursacht ein sprachliches Stakkato. Das unterbricht den Lesefluss. Der eh schon so zäh ist wie der Schlamm der Seine. Dazwischen sind einige (tragische) Kindheitserinnerungen des Vaters eingestreut und – David Bowie. Dessen Musik schätzt Vater Paul nämlich sehr, zum Erstaunen seiner Familie. Und so sehr ich David Bowie ebenfalls schätze, waren die Verweise auf seine Musik für mich nicht wirklich nachvollziehbar.

Ich räume gerne ein, dass es möglicherweise an mir lag und nicht an dem Roman, dass mich die Geschichte nicht wirklich packen konnte; dass meine Erwartungshaltung zu hoch war, dass sich meinem beschränkten Geist die Dramatik und Symbolik nicht wirklich erschlossen haben. Vielleicht lag es auch daran, dass es, während ich das Buch las, auch in Düsseldorf immerfort regnete und regnete und regnete … dennoch: ich fand’s enttäuschend. 

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