· 

Rumaan Alam: Inmitten der Nacht

Stell dir vor, du hast Urlaub. Endlich! Statt der Schwüle im stickigen Brooklyn erwartet dich eine Woche auf dem mondänen Long Island. Okay, für ein Haus direkt am Strand hat das Budget zwar nicht gereicht – doch dein Feriendomizil hat genau das Quäntchen Luxus mehr als deine Wohnung, dass es sich wie etwas Besonderes anfühlt, aber nicht einschüchtert. Das Wetter ist traumhaft, der Pool erfrischend. Du gibst zwar im Supermarkt mehr Geld aus als gewöhnlich, aber – hey! Es sind Ferien! Die Kids sind so entspannt wie lange nicht mehr, genau wie du selbst. Und auch die eheliche Romantik erfährt eine höchst zufriedenstellende Wiedergeburt. Es könnte nicht besser sein, denkst du, bis … ja, bis eines Nachts ein älteres Ehepaar vor der Tür deines Ferienhauses steht (das sich nach zwei Tagen tatsächlich bereits anfühlt, als sei es dein Haus) und behauptet, dein Vermieter zu sein. Sichtlich aufgelöst berichten sie dir von diesem plötzlichen Stromausfall in New York, der alles lahmgelegt hat. Und deswegen seien sie hierhergefahren, in ihr Ferienhaus, um dem Chaos in der Metropole zu entkommen. Man könne sich doch gewiss miteinander arrangieren? Nur für eine Weile? Nur so lange, bis man Näheres wisse? Indes – wann wird das sein? Das Internet ist ausgefallen, weder Radio noch TV sind noch verfügbar. Zudem scheinen sich die Tiere unversehens recht ungewöhnlich zu benehmen. Und das ist, wie es aussieht, gerade erst der Anfang …

 

Inmitten der Nacht (Deutsch von Eva Bonné) war eine wahrlich außergewöhnliches Leseerlebnis. In ebenso bestrickendem wie süffisantem Erzählton entwirft Rumaan Alam ein Szenario, in dem scheinbar (?) unaufhaltsam (?) alles (?) außer Kontrolle gerät. Und meine eigenwillige Interpunktion deutet bereits das Vage, Fragwürdige, Rätselhafte an, das diesen Roman durchzieht. Ich habe bis zur letzten Seite gerätselt, was – und ob überhaupt etwas – vor sich geht. Sind die nächtlichen Besucher die, die zu sein sie vorgeben? Stimmt das, was sie berichten? Ist das, was wirklich erscheint, wirklich „wirklich“? Ich habe „Inmitten der Nacht“ kaum aus der Hand legen können. Aber vielleicht lag das (auch) daran, dass ich den Roman im Urlaub gelesen habe. Bei traumhaftem Wetter. Und in einem Feriendomizil, das ein Quäntchen mehr Luxus hatte als meine Wohnung … 

 

Große Leseempfehlung!

 

[Werbung/unbezahlt/unbeauftragt]

 

Rumaan Alam: Inmitten der Nacht. Deutsch von Eva Bonné. btb Verlag 2021. 314 S.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0