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Cherchez La Femme

Die Literatur ist weiblich. Doch es scheint, als gingen Sexus und Genus in der öffentlichen Wahrnehmung und Anerkennung weit auseinander. Betrachtet man (rein exemplarisch!) die Liste der Literaturnobelpreisträger seit 1901, gewinnt man den Eindruck, als seien schreibende Frauen – zumindest solche, deren Werke preiswürdig sind – eine Rarität. Von 114 Literaturnobelpreisen, die bisher verliehen wurden, gingen – was meint ihr? – wie viele an Frauen? Es sind genau 14. Vier-zehn. Das ergibt eine Quote von rund 12%. Man muss kein Rechenkünstler sein, um zu erkennen, dass diesen vierzehn Frauen (darunter die von mir verehrten Autorinnen Alice Munro und Toni Morrison) 100 männliche Preisträger gegenüberstehen.

Schaut man sich die Preisträger nach Jahrzehnten an, sind die Jahre 1971 bis 1990 aus weiblicher Sicht das größte Desaster. In mehr als zwanzig Jahren hat das Komitee nicht eine einzige Frau für würdig befunden, mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet zu werden. Die 1950er waren ebenfalls eine frauenfreie Zone. Da wirkt Nelly Sachs, die 1966 den Nobelpreis für Literatur erhielt, fast wie ein Ausrutscher. Im Vergleich dazu sind die 1920er Jahre geradezu feministisch zu nennen: In jenem Jahrzehnt wurden immerhin zwei Frauen ausgezeichnet, Grazia Deledda (1926) und Sigrid Undset (1928). 

Laut seinem Stifter Alfred Nobel sollte der Literaturnobelpreis an jemanden gehen, der „das Beste in idealistischer Richtung geschaffen“ hat. An einem mangelnden Angebot kann es nicht gelegen haben: Harper Lee, Ingeborg Bachmann, Simone de Beauvoir, Betty Smith … die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Wenn ich vor meiner eigenen Haustür kehre (i. e. dieser Blog), fällt die Statistik noch verheerender aus. Zugegeben, ich habe noch nicht allzu viel gepostet. Doch von den Büchern, die ich hier vorstelle und euch wärmstens ans Herz lege, sind wie viele doch gleich von Frauen geschrieben? Äh. Keines. Frauenquote: 0%. Im Vergleich dazu wirkt die Nobelpreis-Jury geradezu feministisch (und das selbst vor dem Hintergrund der letzten Monate …)

Ich gelobe also hier und heute Besserung. Die nächste Buchempfehlung ist weiblich. Damit Sexus und Genus wieder Hand in Hand gehen.

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